Wozu dient ein Wärmeabzug?
Als Wärmeabzug (WA) bezeichnet man Wand- oder
Dachflächen, die ab einer bestimmten Temperatur selbstständig
( z. B. durch Abschmelzen thermoplastischer Flächen) Öffnungen
freigeben, damit durch diese Brandhitze aus dem brennenden Raum
nach außen abfließen kann.
Die so dem Brandraum entzogene Energie fehlt dort zur weiteren
Aufheizung z. B. von tragenden oder trennenden Bauteilen. Diese
Bauteile erreichen dadurch nicht oder erst zeitlich verzögert
ihre kritische Temperaturgrenze.
Damit kann ein Wärmeabzug das Tragverhalten von tragenden
oder trennenden Bauteilen verlängern, oder sonst notwendige
Anforderungen an den Feuerwiderstand dieser Bauteile verringern.
Bevor
die Wärmeabzugsflächen beginnen abzuschmelzen, sind hohe
Temperaturen (in der Regel Vollbrandbedingungen) und damit entsprechend
lange Zeiträume erforderlich. Da diese Wärmeabzugsflächen
weder beim Entstehungs- noch beim sich entwickelnden Brand zur Verfügung
stehen, besteht deshalb ihre Wirkung in der Regel nicht im Personenschutz,
sondern auf einem zeitlich längeren Erhalt des Tragverhaltens
der Gebäudekonstruktion, also im Sachschutz. Bevor die im nebenstehenden
Bild erkennbare Lichtkuppel aus Acrylglas sich thermisch so verformen
konnte, war unter der Decke mehr als 6 Minuten eine Temperaturbelastung
von über 900°C erforderlich. Kurz nach dieser Fotoaufnahme
floss der Thermoplast nach unten ab und die gesamte Öffnung
stand ab diesem Zeitpunkt als Wärmeabzugsfläche zur Verfügung.
Die Temperaturbelastung der Bauteile sank danach ab. Es wurden nur
noch Heißlufttemperaturen von etwa 600°C gemessen.
Welche Flächen können als Wärmeabzug
genutzt werden?
Als Wärmeabzugsflächen können natürlich nur
solche Materialien eingesetzt werden, die im zu erwartenden Brandfall
( zeitliche Energiefreisetzung) offen sind, geöffnet werden
oder sich durch Auflösen allein durch die Temperatur bilden.
Im Regelfall werden bereits geplante oder vorhandene Fenster oder
Dachoberlichter zusätzlich als Wärmeabzugsflächen
eingesetzt, wenn sie dazu geeignet sind.
Besonders gute Wärmeabzüge stellen solche Flächen
dar, die im Brandfall bereits offen sind oder sich automatisch und
sehr frühzeitig öffnen (z. B. Rauch- und Wärmeabzugsgeräte
mit Auslösung über Rauchmelder).
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Gut geeignete Wärmeabzüge sind Flächen, die sich
bereits bei Temperaturen von unter 300°C geöffnet haben
(z. B. Rauch- und Wärmeabzugsgeräte mit thermischer Auslösung),
oder geschmolzen sind (thermoplastische Kunststoff-Lichtplatten
mit Schmelztemperaturen unter 300°C).
Nicht geeignete Materialien für die Wärmeabzugsfläche
sind solche, deren Schmelzpunkt über 600°C liegt (z. B.
Stahlblech), oder die bei diesen Temperaturen nicht zerstört
werden (z. B. Drahtglas, Verbundsicherheitsglas oder Brandschutzverglasungen).
Wo wird ein Wärmeabzug eingesetzt?
Will und kann man aus einem Brandabschnitt Brandhitze nach außen
ableiten, wendet man den Wärmeabzug an.
In einigen Sonderbauvorschriften ( z. B. Muster-Industriebau-Richtlinie)
ist der Einbau von Wärmeabzugsflächen generell oder bei
der Vergrößerung von Brandabschnittsflächen gefordert.
Eine Vergrößerung der Wärmeabzugsfläche kann
auch zur Reduzierung der Anforderungen z. B. an den Feuerwiderstand
von tragenden oder trennenden Bauteilen führen.
Wärmeabzugsflächen sollten möglichst im Dach oder
im oberen Teil der Wand eingebaut sein.
Ersetzt ein Wärmeabzug den Rauchabzug?
Ein geöffneter Rauchabzug leitet auch Brandhitze ab, deshalb
auch der Begriff "Rauch- und Wärmeabzug".
Der natürliche Rauchabzug (NRA = Anlage, NRWG = Gerät)
wird über netzunabhängige Energie frühzeitig und
automatisch über Rauch oder Wärme (z. B. 70°C - Glasfässchen)
mechanisch (über Druckgas oder elektrisch) geöffnet und
leitet dann ohne weitere Energiezufuhr allein über den thermischen
Auftrieb Rauch- und Brandgase nach außen ab. Der maschinelle
Rauchabzug (MRA = Anlage, MA = Ventilator) wird über die Rauchmelder
der Brandmeldeanlage ausgelöst und entraucht über eine
gesicherte Energieversorgung den Innenraum. Beide Systeme stehen
so frühzeitig zur Verfügung, damit schon in der Brandentstehungsphase
im unteren Raumbereich eine raucharme Schicht gebildet werden kann.
Diese ist Vorraussetzung für eine geordnete Flucht- und Rettungsphase,
sowie für die Erkundung. Auch für den Löschangriff
vom Innenraum benötigt die Feuerwehr ausreichende Sicht.
Der Wärmeabzug (WA), der sich aus bei größerer
Wärme schmelzenden oder sich zerstörenden Materialien
zusammensetzt, wirkt erst viel später, meist erst dann, wenn
der Vollbrand schon einige Zeit andauert.
Aus einem so geöffneten Wärmeabzug fließt dann
zwar auch Rauchgas mit ab, nur ist dies aus Sicht des Personenschutzes
oder des Löschangriffs viel zu spät und nicht mehr relevant.

Deshalb:
Ein NRWG ist stets auch ein Wärmeabzug.
Ein Wärmeabzug ist aber kein NRWG.
Wärmeabzug contra harte Bedachung?
Für die Funktion des Wärmeabzugs sollen Öffnungen
frei werden, aus denen heiße Brandgase von Innen ins Freie
abfließen können.
Bei der harten Bedachung (Bedachung beständig gegen Flugfeuer
und strahlende Wärme) soll verhindert werden, dass ein Brand
von außen über das Dach in den Innenraum gelangt.
Beide Anforderungen stehen also konträr zueinander. Im Regelfall
ist eine Fläche oder Teilfläche als Wärmeabzug oder
als harte Bedachung auszuweisen.
In den einzelnen Landesbauordnungen
finden sich Anforderungen an die harte Bedachung und auch erlaubte
Ausnahmen. Diese beziehen sich meist auf die Flächenanteile
bzw. zulässige Einzelflächen, die als weiche Bedachungen
erlaubt sind.
Ist die notwendige oder sinnvolle Wärmeabzugsfläche größer
als die in den Landesbauordnungen erlaubten Teilflächen für
nicht Flugfeuer und strahlende Wärme beständige Materialien,
sollte dies vorab im Brandschutzkonzept und/oder im Genehmigungsverfahren
geklärt werden.
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