Wirtschaftliche Betrachtungen der Tageslichtnutzung
Wer sich als Investor oder Bauherr mit der Frage beschäftigt, ob er Tageslicht als wesentlichen Beitrag zur Raumbeleuchtung einplant, denkt vermutlich zunächst nur daran, dass eine Tageslichtversorgung helfen kann, Kosten bei der elektrischen Beleuchtung zu sparen.
Diese Betrachtungsweise ist zwar richtig, greift aber zu kurz. Natürliches Tageslicht vermag weit mehr zu bewirken!
Steigerung der Produktivität und
der Motivation
Tageslicht kann nicht nur Energie für die Beleuchtung von Räumen
sparen. Ausreichendes Tageslicht und die damit verbundene Dynamik
schafft beim Menschen eine gute Stimmung. Verantwortlich ist dafür
das "Gute-Laune-Hormon" Serotonin, das vom Körper
ausgeschüttet wird, wenn es entsprechend hell ist.
Und diese gute Stimmung beeinflusst z. B. positiv das Kaufverhalten von Kunden in
Geschäften und steigert dadurch den Umsatz zu diesem
Ergebnis kommt eine Feldstudie, die vom FVLR in zwei deutschen Baumärkten
durchgeführt wurde. Auch eine umfangreiche Studie in einer großen
amerikanischen Handelskette bestätigt die Bedeutung natürlicher
Beleuchtung und ihre Auswirkungen auf das Personal und den Geschäftsverlauf.
Umsatzsteigerungen
im Schnitt von 40 % wurden
dort aufgezeigt, wenn bei sonst gleicher Einrichtung und Warensortiment
Geschäfte zusätzlich mit Dachoberlichtern ausgestattet waren.
Schon im November 1995 erschien auf der Titelseite des Wirtschaftsteils
des renommierten Wall Street Journals
der Artikel Letting the Sun Shine is Good for Business,
der das Experiment von Wal-Mart beschrieb, Dachoberlichter in ihrem
Eco-Mart in Lawrence, Kansas, einzubauen. Der Artikel
beschreibt, dass Wal-Mart quasi als Energie-Sparmaßnahme in
letzter Minute Oberlichter einbauen ließ, allerdings nur in
einer Hälfte des Geschäftes. Man stellte dann überraschend
fest, dass die Umsätze in dem Ladenteil mit Tageslichtversorgung
durch Oberlichter signifikant höher waren als in vergleichbaren
Abteilungen anderer Geschäfte. Obwohl von Wal-Mart keinerlei
absolute Zahlen preisgegeben wurden, erhöhte dieser Zeitungsartikel
in den USA sofort das ernsthafte breite Interesse an einer Dachoberlichtnutzung
auch für Einzelhandelsanwendungen.
Bei der Errichtung von Verkaufsstätten besinnt man sich auch
hierzulande wieder auf die Attraktivität natürlich beleuchteter
Räume. Denn alle Nutzungsangebote für den Einzelhandel,
die situationsbedingt in unterirdischen Passagen oder überbauten
Blöcken lokalisiert wurden, leiden nicht nur atmosphärisch,
sondern auch ökonomisch unter dem Defizit an Tageslicht. Der
klassische Tageslichtspender, das Seitenfenster, reicht bei den
großflächigen Gebäuden der Einzelhandels-Großmärkte
oder bei Baumärkten jedoch nicht aus, da Fenster die Räume
nur in unmittelbarer Außenwandnähe ausreichend beleuchten.
Energieeinsparungen
Im Gegensatz zu Fenster und Fassadenöffnungen
kann das Tageslicht durch Dachoberlichter unabhängig von der Fassaden-
oder Wandausrichtung einfallen. Bei klarem Himmel ist das Sonnenlicht
über Oberlichter ganztägig nutzbar, während Fenster
und Fassaden nur zu bestimmten Zeiten besonnt werden. Und selbst
an bedeckten Tagen ist das Licht morgens früher und abends
länger nutzbar, da das hellere
Zenitlicht noch zur Verfügung steht, wenn durch die Fenster
kaum noch diffuses Tageslicht in die Raumtiefe gelangt.
(Quelle: Institut für Elektronik
und Lichttechnik, TU Berlin)
Geht man in mitteleuropäischen Breiten von den normalen Arbeitszeiten
zwischen 7:00 und 18:00 aus, ist zu 93 % der Arbeitszeit Tageslicht
vorhanden. Damit steht lediglich für nur ganz wenige Stunden
im Jahr kein Tageslicht während der üblichen Arbeitszeit
zur Verfügung.
Nutzungszeiten
In der Jahressumme geht man von 5 Arbeitstagen in 52 Wochen, also
einer theoretischen Nutzungszeit von 2.860 Stunden aus. Die tatsächlichen
Nutzungszeiten werden anhand des realen Nutzungsverhaltens ermittelt
und über ein Jahr aufsummiert. Dabei sind das Pausenverhalten,
der Umgang mit der gleitenden Arbeitszeit, Überstunden, aber
auch die Reinigungszeiten zu berücksichtigen. Diese Nutzungszeit
wird zu 100 % gesetzt und ins Verhältnis zu der Zeit gesetzt,
in der die an den Arbeitsplätzen geforderte Nennbeleuchtungsstärke
durch die alleinige Beleuchtung mit Tageslicht überschritten
wurde. Mit der jährlichen relativen Nutzungszeit kann gegenüber
einer ganzjährigen künstlichen Beleuchtung von den entsprechenden
Betriebskosten ein tNutz,A,rel entsprechender Anteil
eingespart werden. Bei der Ermittlung dieser Größe sollte
die wahre Ortszeit (WOZ) und damit Regelungen für die Sommerzeit
einfließen.
Tageslichtautonomie
In der letzten Zeit hört man immer
häufiger den Begriff der Tageslichtautonomie. Die Tageslichtautonomie
ist der Anteil der Nutzungszeit, in der kein Kunstlicht für
die Raumbeleuchtung benötigt wird. Sie wird bei einem ganzjährig
bedeckten Himmel ermittelt. Diese Vereinfachung geht von dem Ansatz
aus, dass an Sonnentagen der Sonnenschutz geschlossen wird und dadurch
diese größere Außenbeleuchtungsstärke im Innenraum
nicht nutzbar ist. Die Tageslichtautonomie kann überschläglich
aus Nomogrammen abgelesen oder exakt berechnet werden.
Amortisation
Bei der nachfolgend dargestellten Amortisationsberechnung
wird ein konkretes Objekt in zwei Varianten betrachtet:
Halle 1 ohne Dachoberlichter, ausschließlich mit Kunstlicht versorgt
Halle mit einer Oberlichtfläche für einen mittleren Tageslichtquotienten
von 4 % (entspricht einer Nennbeleuchtungsstärke En
von 200 lx).
Hallenangaben: Länge = 40 m, Breite
= 20 m, Höhe = 8,0 m
Dachoberlichtfläche
Nach neuer Arbeitsstättenrichtlinie ASR A3.4 Beleuchtung, DIN 5034-1 und VDI 6011 Blatt 2 sind zu berücksichtigen:
Arbeitsräume mit Oberlichtern müssen auf der Nutzebene
einen mittleren Tageslichtquotienten von
Dm > 4 % aufweisen; dieser ergibt sich bei einem Anteil
der Gesamtfläche aller Oberlichtöffnungen
an der Dachfläche von wenigstens 8 %.
Unter Berücksichtigung der o. g. Raumproportionen und der Standardwerte
nach DIN 5034-6 ergibt sich eine Mindestgröße für
die Oberlichter von 101 m2 (12,8 % der Gesamtdachfläche).
Investitionen
Die für den Einsatz von Oberlichtern notwendigen Investitionen können hier nur grob abgeschätzt werden. Die Investitionskosten teilen sich
in die Kosten für das Oberlicht und die Kosten für den Einbau und evtl. für die Verstärkung der Dachkonstruktion (Wechsel) sowie das Einbinden
in die Dachfläche. Gegenzurechnen sind natürlich die eingesparten Dunkeldachflächen.
Eine Lichtkuppel mit einem Außenmaß von 1,50 m x 1,50 m kostet ca. 400,-- €. Hinzu kommen die Kosten für den Einbau und die
Dachkonstruktion mit ca. 500,-- €. Damit ergibt sich ein Quadratmeterpreis von ca. 400,-- €/m2. Bei Dachlichtbändern reduzieren sich die Kosten je
Fläche noch einmal um 20 bis 30 %.
Investitionskosten
Kosten für die Dachoberlichter: 400,-- €/m2 x 101 m2 = 40.400,-- €
Einsparpotential
Es wird von einer installierten Leistung von 20 W/m2 ausgegangen. Die Energiekosten betragen 0,13 €/kWh. Die Einschaltzeiten liegen
etwa bei 30 %.
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Fall 1:
ohne Oberlichter |
Fall 2:
mit Oberlichter |
Einschaltzeiten Kunstlicht [h/a] |
2.860 |
858 |
benötigte Beleuchtungsenergie [kWh/a] |
45.760 |
13.728 |
jährliche Kosten [€/a] |
5.949 |
1.785 |
Jährliche Einsparungen: 5.949 € -
1.785 € = 4.164 €
Berechnung der energetischen Amortisation:
- Kapitalzins für die zusätzlichen Investitionen: 6,5 %,
- Energiepreissteigerung real 1,5 % pro Jahr,
- Inflationsrate 2 % pro Jahr
=> n = 12 Jahre
Die errechnete Amortisationszeit liegt unter der normativen Nutzungszeit eines Fensters und weit unter der eines Gebäudes.
Berücksichtigt wurden bei diesem Ansatz noch nicht etwaige Einsparungen durch den Wegfall anderer Materialien (z. B. der Dunkeldachfläche im
Bereich der Öffnung).
Weiterhin unberücksichtigt geblieben sind Einsparungen aufgrund der Steigerung der Motivation und der Produktivität. Wissenschaftliche
Untersuchungen
haben gezeigt, dass dieser Effekt nicht zu vernachlässigende Auswirkungen auf die Personalkosten hat.
Eine 1-prozentige Einsparung ergibt bei umgerechneten Personalkosten von 5.000,-- €/m2 Büronutzfläche und Jahr (1 Angestellter,
50.000 €/a,
10 m2 Arbeitsfläche) bereits Personalkostenreduktionen von 50 €/(m2 x a). Rechnet man diesen Anteil auch nur teilweise an,
ergibt sich eine Amortisation bereits nach 2 3 Jahren.
Die Betrachtungen möglicher Einsparungen allein an Kunstlichtenergie ergeben, dass sich Investitionen für Dachoberlichter auf jeden Fall lohnen,
wenn nur die sich daraus ergebende Amortisationszeit z. B. mit der Lebensdauer des Gebäudes verglichen wird. Es ergeben sich ganz andere Möglichkeiten unter Berücksichtigung der Produktionssteigerung.
Weitere Einsparungen durch bessere U-Werte
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