Die
neue BGI/GUV-I 7007:
Tageslicht am Arbeitsplatz - leistungsfördernd und gesund
Die im Frühjahr 2009 erschienene BGI/GUV-I 7007 "Tageslicht am Arbeitsplatz"
bietet dem Unternehmer eine Hilfestellung zur Planung der Beleuchtung
von Arbeitsplätzen mit Tageslicht. Diese Informationsbroschüre
gibt Antworten, wie die Forderungen der Arbeitsstättenverordnung
nach ausreichendem Tageslicht und der nachgeordneten Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.4 "Beleuchtung" erfüllt
werden können. So gibt sie z. B. auf folgende Fragen Antworten:
- Was ist Tageslicht?
- Warum ist Tageslicht wichtig?
- Was sagt der Gesetzgeber?
- Was bedeutet möglichst ausreichendes Tageslicht?
- Welche Beleuchtungsstärken werden durch Fenster und
Dachoberlichter erreicht?
- Welchen Einfluss haben bauliche Bedingungen auf den Tageslichteinfall?
- Was ist zu beachten, damit Tageslicht die Mitarbeiter nicht stört?
- Warum ist die Sichtverbindung nach außen wichtig?
- Wann sollten Fenster, wann Dachoberlichter verwendet werden?
- Spart Tageslicht Energiekosten?
Diese und viele weitere wichtige Fragen beantwortet diese neue
Handlungshilfe und ergänzt so die ASR A3.4 Beleuchtung mit Ausführungsbeispielen
und Anwendungsbeschreibungen. Auf einige besonders wichtige Punkte
und ein paar zusätzliche Fragen wollen wir hier ausführlicher
eingehen.
Warum ist Tageslicht wichtig?
Der Mensch ist entwicklungsgeschichtlich an das Tageslicht und den
Rhythmus von Tag und Nacht angepasst. Das über das Auge einfallende
Tageslicht sorgt für Informationen, die der Körper zu
seiner Regulation benötigt. Licht beeinflusst den menschlichen
Hormonhaushalt und synchronisiert die innere Uhr des Menschen. Die
physische und psychische Verfassung des Menschen und seine Leistungsfähigkeit
werden durch Licht beeinflusst.
Wo immer möglich, sollten deshalb Arbeitsplätze mit Tageslicht
beleuchtet werden. Nur das Tageslicht weist Qualitätsmerkmale
auf, die in ihrer Gesamtheit durch künstliche Beleuchtung nicht
erreichbar sind. Um die positive Wirkung auszuschöpfen, sollten
auch andere Räume z. B. Pausenräume mit einem hohen Tageslichtanteil
beleuchtet werden. Tageslicht kann bei richtiger Anwendung auch
helfen Energiekosten einzusparen.
Außerdem ist eine ausreichende Sichtverbindung nach außen
wichtig. Es ist nicht nur das Licht, sondern die mit dem Blick nach
außen verbundenen Informationen, die maßgebend für
das menschliche Befinden sind.
Licht
und Gesundheit
Das Licht am Arbeitsplatz beeinflusst nicht nur das Sehvermögen,
z. B. Gewährleistung einer ausreichenden Sehleistung, und die
Psyche, z. B. das Wohlbefinden, die Steigerung der Motivation und
des Leistungsvermögens der Beschäftigten, es führt
darüber hinaus zu so genannten nicht-visuellen Effekten, z.
B.
- Beeinflussung der biologischen Uhr (circadianer (tageszeitlichen)
und circannualer (jahreszeitlichen) Rhythmus des
Menschen),
- Hormonausschüttung.
Damit trägt das Licht in hohem Maße dazu bei, Ermüdungen
bei den Beschäftigten zu vermeiden und ihre Vigilanz (Aufmerksamkeitssniveau)
aufrecht zu halten. Insbesondere das über das Auge einfallende
Tageslicht zusammen mit der Sichtverbindung nach außen sorgt
für Informationen, die der Körper zu seiner Regulation
benötigt.
Was bedeutet möglichst ausreichendes
Tageslicht?
Arbeitsstätten müssen möglichst ausreichend Tageslicht
erhalten. Dies wird z. B. erreicht, wenn je nach Anforderung der
Sehaufgabe ein Verhältnis von lichtdurchlässiger Fenster-,
Tür- oder Wandfläche bzw. Oberlichtfläche zur Raumgrundfläche
von mindestens 1 : 10 (entspricht ca. 1 : 8 Rohbaumaße), für
höhere Anforderungen bis 1 : 5 eingehalten ist. Bei der Beleuchtung
durch Fenster-, Tür- oder Wandflächen gelten diese Werte
für übliche Abmessungen der Räume mit einem Verhältnis
von Raumbreite zur Raumtiefe von bis zu 1 : 2 bis einer maximalen
Raumtiefe von 6 m.
Kurz gefaßt bedeutet dies:
Für Räume, die durch Dachoberlichter beleuchtet werden sollen, ist ein Anteil von mindestens 8 % an der Dachfläche (besser 10 %) in Form von Dachoberlichtern vorzusehen.
Zur Erfüllung höherer Sehanforderungen kann diese Zahl von 15 bis auf 20 % erhöht werden, wenn gleichzeitig Sonnenschutzmaßnahmen mit eingeplant werden.
In der Tabelle Notwendiger
Anteil der lichtdurchlässigen Fläche nach BGI/GUV-I 7007
haben wir den Zusammenhang zwischen Fenster- bzw. Dachoberlichtfläche
und Beleuchtungsstärke für ausgewählte Nutzungen
zusammengestellt.
Bei Kombinationen aus Beleuchtung durch Fenster und durch Dachoberlichter
können Fenster- und Oberlichtflächen addiert werden. Wandöffnungen
wirken lichttechnisch nur bis in eine begrenzte Raumtiefe. Die restliche,
tiefere Raumfläche ist dann durch Oberlichter oder auch schon
am Tage durch ergänzende künstliche Beleuchtung auszuleuchten.
Bei der Beleuchtung durch Oberlichter sind mehrere kleine Lichteintrittsflächen
wenigen großen vorzuziehen.
Der Tageslichteinfall ist außer von der Größe und
Lage der Fenster und Dachoberlichter abhängig z. B. von der Raumtiefe,
vom Transmissionsgrad (Lichtdurchlässigkeit) der Verglasung,
von der Versprossung und der Verschmutzung der Fenster, der Gestaltung der Fassade, der
Abschattungen durch bauliche Einrichtungen, Sonnenschutzvorrichtungen,
Gebäude oder Bäume.
Arbeitsplätze sollen unter Berücksichtigung
der Sehaufgabe möglichst fensternah angeordnet werden. Dabei sind bei bestimmten Tätigkeiten, z. B. an Bildschirmarbeitsplätzen,
Störwirkungen
durch das Tageslicht zu berücksichtigen.
Gütemerkmale für die natürliche
Beleuchtung
Für die Sicherheit und die Gesundheit sind die folgenden Gütemerkmale
der natürlichen Beleuchtung von Bedeutung:
- Beleuchtungsniveau,
- Sichtverbindung nach außen,
- Sonnenschutz zur Begrenzung der Blendung und der Wärmeeinstrahlung,
- Lichtfarbe und Farbwirkungen.
Welche Konzepte gibt es zur
Beleuchtung von Arbeitsstätten?
Für die Beleuchtung von Arbeitsstätten sind Mindestbeleuchtungsstärken
erforderlich. Der praxisorientierte Ansatz dieser Regel berücksichtigt,
dass in Bereichen, in denen gearbeitet wird (Arbeitsbereiche), höhere
Werte erforderlich sind, als für Bereiche, die anders genutzt
werden.
Deshalb ist es in vielen Fällen sinnvoll und ökonomisch,
die unterschiedlichen Bereiche gesondert zu klassifizieren und dementsprechend
zu beleuchten, also das entsprechende Beleuchtungskonzept zu wählen,
um sowohl den Anforderungen an die Beleuchtung gerecht zu werden,
aber auch den technischen und energetischen Aufwand gering zu halten. Mehr Informationen zu Beleuchtungskonzepten gibt es hier.
Welche Beleuchtungsstärken werden durch Fenster und
Dachoberlichter erreicht?
Die Beleuchtungsstärke geht im Verlaufe des Betriebes einer
Beleuchtungsanlage aufgrund der Alterung bzw. Verschmutzung von
Lampen, Leuchten und des Raumes zurück. Daher muss bei der
Planung der Beleuchtungsanlage von einem höheren mittleren
Beleuchtungsstärkewert (Planungswert) ausgegangen werden. Dieser
Wert ergibt sich aus dem Wartungswert der Beleuchtungsstärke
und dem Wartungsfaktor, den der Lichtplaner unter Berücksichtigung
des Alterung bzw. der Verschmutzung von Lampen, Leuchten und des
Raumes festzulegen hat.
Was ist zu beachten bei der Kombination
von natürlichem und künstlichem Licht?
An den Randstunden besonders dunkler Tage und bei Mehrschichtbetrieb
wird das natürliche Tageslicht an allen Tagesstunden allein
nicht zur Beleuchtung der Arbeitsplätze ausreichen.
Bei nur durch Fenster beleuchteten Räumen mit größerer
Raumtiefe ist das Zuschalten von Kunstlicht (Tageslichtergänzungsbeleuchtung)
für die hinteren Raumflächen auch an helleren Tagesstunden
erforderlich. Eine Überlagerung von Kunst- und Tageslichtbeleuchtung
ist nicht zu beanstanden. Der früher befürchtete Zwielichteffekt
ist in der Praxis als nicht bedenklich festgestellt worden. Zur
Senkung der Energiekosten sollte das Kunstlicht aber möglichst
nur dort und in dem Maße lokal zugeschaltet werden, wo es
das nachlassende Tageslicht ergänzen soll.
Durch dauerhaft installierte, preiswerte Steuerungssysteme (Sensoren)
kann das Zuschalten des Kunstlichts automatisch geregelt werden.
Aber auch die manuelle Steuerung durch die Mitarbeiter selbst kann
durchaus sinnvoll sein. Denn vollautomatische Regelungssysteme ohne
manuelle Eingriffsmöglichkeiten werden in der Praxis nicht
immer akzeptiert.
Es hat sich in einigen Betrieben bewährt, dass in den Arbeitsräumen
das Kunstlicht in den geplanten Pausenzeiten weitgehend automatisch
zurückgeschaltet wird. Reicht den aus der Pause zurückkehrenden
Mitarbeitern dann die vorhandene Tageslichtausleuchtung am Arbeitsplatz
nicht aus, können sie dort individuell die künstliche
Beleuchtung zuschalten. Dies senkt die Energiekosten und erlaubt
dem einzelnen Mitarbeiter gleichzeitig das Schaffen einer eigenen
Arbeitsplatzatmosphäre.
Warum ist die Sichtverbindung
nach außen wichtig?
Die Notwendigkeit
einer optischen Verbindung zur Außenwelt ist bei uns schon
lange anerkannt, sodass die "Sichtverbindung nach außen"
die Gestaltung von Arbeitsstätten in erheblichem Maße
beeinflusst hat. Die Sichtverbindung nach außen unterstützt
das Wohlbefinden und verhindert das Gefühl der Eingeschlossenheit
und den so genannten "Bunkereffekt". Wenn auch die aktuelle
Arbeitsstättenverordnung die "Sichtverbindung nach außen"
nicht mehr explizit fordert, ist sie dennoch so sinnvoll, dass auf
sie nicht verzichtet werden sollte. In Arbeitsstätten, Pausen-,
Bereitschafts-, Liege- und Sanitärräume soll daher eine
Sichtverbindung nach außen gewährleistet sein.
Die Sichtverbindung nach außen soll in Augenhöhe durch
verzerrungsfrei durchsichtige Verglasungen von Fenstern oder Türen
möglich sein.
Die nutzbare Einzelfläche einer Sichtverbindung
von 1,25 m² bei einer Raumtiefe bis 6,0 m und
von 1,50 m² bei einer Raumtiefe von mehr als 6,0 m
sollte nicht unterschritten werden. Die Abmessung der einzelnen
Öffnung sollte dabei mindestens 1,25 m (Höhe) und 1,00
m (Breite) betragen.
Als Gesamtfläche für den Sichtkontakt ist anzustreben
bis 600 m² Raumfläche: mind. 1/10 der Raumfläche,
für Raumflächen, die über diese 600 m² hinausgehen:
mind. 1/100 der darüber hinausgehenden Fläche.
Die zum Sichtkontakt genutzten Flächen dürfen bei der Ermittlung
der notwendigen Flächen für die Raumbeleuchtung mit Tageslicht
angerechnet werden, sofern sie zur Beleuchtung geeignet sind. Durchscheinende
Flächen, z. B. aus Strukturglas, oder Glasbausteinen, reichen
als Sichtverbindung nach außen nicht aus.
Sonnenschutzvorrichtungen
zur Begrenzung der Blendung und der Wärmeeinstrahlung
In Räumen mit Arbeitplätzen müssen an Fenster-, Tür-
oder Wandflächen, die besonnt werden können - in Räumen
mit Bildschirmarbeitsplätzen generell - Sonnenschutzvorrichtungen
zum Schutz vor störenden Blendungen und Reflexionen durch die
Sonne, den Himmel und besonnte Flächen vorhanden sein.
Vor übermäßiger Aufheizung der Räume durch
Sonnenstrahlung schützen außenliegende Sonnenschutzvorrichtungen
am wirksamsten.
Als Sonnenschutzvorrichtungen zur Begrenzung der Blendung und/oder
der Wärmeeinstrahlung können z. B. Jalousien, Lamellenstores,
Rollos, und lichtlenkende Bauelemente oder Sonnenschutzgläser
dienen.
Lichtfarbe und Farbwirkungen
Für die Beleuchtung von Arbeitsplätzen mit Tageslicht
sollen farbneutrale Verglasungsmaterialien verwendet werden. Damit
wird eine Veränderung des Tageslichtspektrums vermieden und
die positive Wirkung des Tageslichtes erhalten. Bei Tageslichtergänzungsbeleuchtungen
durch künstliches Licht werden Lampen mit einer ähnlichsten
Farbtemperatur von 4000 K empfohlen.
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Im Unterschied zu farbneutralen
Gläsern (links) filtern Sonnenschutzgläser aus selektiven
Materialien (rechts) bestimmte Spektralbereiche der sichtbaren
Sonnenstrahlung aus und verfälschen dadurch die natürliche
Farbe und Erkennbarkeit von Gegenständen (Mitte).    |
Spart Tageslicht Energiekosten?
Bei einer Gesamtenergiebetrachtung müssen alle technischen
Einrichtungen berücksichtigt werden. Dazu zählen u. a.
- die Aufwendungen für die Beleuchtung durch Tageslicht,
- die Reduzierung der Brennstunden des Kunstlichtes (Einsparungen
des direkten Verbrauchs, bei Verschleiß und Wartung),
- die Berücksichtigung der Lüftung,
- die Nutzung als Entrauchung im Brandfall,
- Solareffekte,
- und nicht zuletzt die CO2-Reduzierung durch Verringerung
des Energiebedarfes.
Die nachfolgende Betrachtung der Investitions- und Betriebskosten
beschränkt sich auf den Vergleich der Kosten der Beleuchtungsanlage
mit Tageslicht und Kunstlicht am Beispiel einer typischen Industriehalle
mit Dachoberlichtern.
Die Berechnung setzt sich aus folgenden Faktoren zusammen:
- Investitionskosten der Beleuchtungsanlage
- Investitionskosten der Dachoberlichter
- Wechselkosten der Leuchtmittel
- Wartungs- und Betriebskosten
- Stromkosten
In Industriebetrieben kann zum Teil von einem Mehrschichtbetrieb
ausgegangen werden. Da nicht an allen Arbeitsstagen und nicht zu
allen Arbeitszeiten ausreichendes Tageslicht zur Verfügung
steht, ist die künstliche Beleuchtung als Ergänzungsbeleuchtung
zum Tageslicht anzusehen.
Der rein betriebswirtschaftliche
Nutzen der Tageslichtelemente kann festgestellt werden, wenn
sich der Einbau der Dachoberlichter innerhalb einer angemessener Zeit
amortisiert.
Zusätzlich spielen aber die folgenden Nutzenvorteile eine tragende
Rolle:
- Erfüllung der Sehaufgaben,
- Vermeidung von Unfallgefahren und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren,
- Vermeidung der Ermüdung,
- Steigerung des Wohlbefindens und
- Steigerung der Leistungsbereitschaft.
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